Auf der Suche nach attraktiven Renditen entdecken Finanzinvestoren Offshore-Windparks. Die Politik unterstützt ihr Engagement. Bürgerprojekte bleiben auf der Strecke.
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Seit Frühjahr 2011 ist der Windpark Baltic 1 vor der deutschen Ostseeküste in Betrieb.
Damit nicht genug: Am gleichen Tag gab Blackstone bekannt, noch einmal 1,3 Milliarden Euro in den Windpark Nördlicher Grund rund 80 Kilometer vor Sylt zu investieren. "Dank der gesetzlich garantierten Vergütung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind Offshore-Windparks attraktive Investments", sagt Jens Assheuer, Geschäftsführer der WindMW GmbH, die den Windpark entwickelt. Blackstone hält eine Mehrheit an dem Unternehmen.
Der US-Investor ist nicht allein. Versicherer wie die Allianz und Münchner Rück entdecken ebenfalls die grüne Hightechbranche. Die Allianz ist etwa an Onshore-Windparks in Frankreich, Deutschland und Italien beteiligt.
In der Krise sind andere Anlagemöglichkeiten rar
"Investitionen in diesem Bereich sind Teil unserer Risikodiversifizierung", sagt ein Allianz-Sprecher. "Es liegt auf der Hand, dass erneuerbare Energien zukünftig eine größere Rolle bei uns spielen werden." In den vergangenen fünf Jahren hat der Versicherungskonzern eine Milliarde Euro in Alternative-Energien-Projekte investiert. Noch in diesem Jahr will die Allianz, so Bloomberg, entscheiden, ob der Konzern millionenschwere Investments in Offshore-Windkraft unternimmt.
Der Zeitpunkt ist gut gewählt. Denn wohin mit dem Geld der Anleger? Angesichts der Schuldenkrise und dem Auf und Ab an den Börsen sind sichere Anlagemöglichkeiten für Großinvestoren eher rar. Wegen der Eurokrise meiden etwa erste Versicherungskonzerne europäische Staatsanleihen. Auf der anderen Seite gibt es einen immensen Finanzierungsbedarf in der Offshore-Windbranche, denn unter mehreren hundert Millionen Euro sind die stählernen Giganten auf See nicht zu haben.
"Die Finanzierungslage von Offshore-Projekten hat sich in den vergangenen Monaten gebessert", sagt Ulrich Winkelmann, Offshore-Spezialist der NordLB in Hannover. Das liege nicht nur an dem positiven Image der Erneuerbaren und der verstärkten staatlichen Förderung der deutschen Offshore Windbranche, sondern auch am Mangel an alternativen Finanzierungsmöglichkeiten. "Es gibt zurzeit in Europa nicht viele Großvorhaben im Bereich der Projektfinanzierung."
Die Politik unterstützt diese Entwicklung. Denn Berlin ist im Zugzwang. Windräder mit einer Kapazität von 25.000 Megawatt sollen bis 2030 vor der deutschen Küste ans Netz gehen. Offshore-Wind soll zukünftig die wichtigste Energiequelle im deutschen Strommix sein. Doch bislang gibt es in der deutschen Nordsee nur einen kommerziellen Windpark (Bard 1) und das Testfeld Alpha Ventus. In der Ostsee wurde Anfang des Jahres der Windpark Baltic 1 fertiggestellt.
Ein Grund für die Zurückhaltung der Investoren und Entwickler in den vergangenen Jahren sind die technischen Herausforderungen. Im Unterschied zu Großbritannien oder Dänemark liegen die deutschen Standorte aus Naturschutzgründen weit draußen auf hoher See. Das macht die Projekte teuer und riskant.
Die Bundesregierung fördert den Ausbau daher jetzt mit dem millionenschweren Sonderprogramm "Offshore Windenergie" der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Zudem hat sie angekündigt, in der Novelle des EEG im kommenden Jahr die Konditionen für jede eingespeiste Kilowattstunde Offshore-Windstrom zu verbessern.
Große Investoren geben den Ton an
Das EEG garantiert Offshore-Windmachern zurzeit 13 Cent je Kilowattstunde. Diese Umlage soll auf 15 Cent und unter bestimmten Umständen sogar auf 19 Cent steigen. "Die Finanzierungsmöglichkeiten haben sich dadurch gebessert", sagt Winkelmann von der NordLB. Ohne größere Hürden konnte die Landesbank etwa jüngst für die Finanzierung eines Windparks 16 kommerzielle Banken zusammenbringen. Das wäre vor einigen Jahren nicht möglich gewesen.
Dass große Energieversorger – und jetzt auch Finanzinvestoren – inzwischen den Ton im Offshore-Geschäft angeben, musste Hans Feddersen erleben. Der Landwirt aus Nordfriesland war Mitinitiator des ersten deutschen Offshore-Bürgerwindparks Butendiek vor Sylt. Die Idee: Privatpersonen finanzieren als Gesellschafter den Windpark über einen geschlossenen Fonds. Butendiek war ein Projekt von Überzeugungstätern, die der Meinung waren, dass Bürger die Energiewende vorantreiben sollten.
Überzogene Renditeerwartungen
Doch nach zehn Jahren Planung ist das Projekt in seiner ursprünglichen Form gescheitert. "Es gab zu wenig politische Unterstützung und Finanzierungsprobleme", sagt Feddersen. Nachdem Butendiek zuerst an einen schottischen Energieversorger verkauft wurde, kaufte es jetzt der Offshore-Windparkbetreiber wpd aus Bremen. In welcher Form es realisiert wird, ist noch unklar.
Die ersten Branchenexperten warnen allerdings auch vor überzogenen Renditeerwartungen der neuen Akteure. Blackstone rechne mit einer Rendite von mindestens 15 bis 20 Prozent, so die Financial Times Deutschland. Das sei optimistisch. Wer auf See investiere, müsse langfristig denken und technisches Fachwissen vorweisen. Finanzinvestoren wie Blackstone seien dagegen eher von kurzfristigen Renditeerwartungen getrieben.
Assheuer von der Blackstone-Tochter WindMW weist solche Spekulationen von sich: "Die Lebensdauer des Projektes ist auf 20 bis 25 Jahre angelegt." Das langfristige Engagement zeige auch der Kauf des zweiten Windparks Nördlicher Grund. Und damit nicht genug: Zurzeit verhandele WindMW bereits über den Kauf eines dritten Offshore-Windparks.
- Quelle: ZEIT ONLINE
- Adresse: http://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2011-08/offshore-windkraft-finanzinvestoren/komplettansicht
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