Dies ist ein Einzug eines Diskussionsrunde zu den neuen Regularien. Teilnehmer sind:
- Jochen Meyers, Regional Head of Business Development, BNY Mellon Asset Servicing Germany
- Dr. Holger Sepp, Co-Head Germany und Generalbevollmächtigter, Caceis Investor Services
- Jürgen Scharfenorth, Managing Director Sales & Global Relationship Management Germany-Austria, Société Générale Securities Services
- Wulf H. H. Ley, Partner, Advisory, Emeia Financial Services, Ernst & Young GmbH
- Pascal Mangang, Abteilungsleiter Risikocontrolling, Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder
- Oliver Dräger, Senior Investment Consultant, Faros Consulting
Moderator:
Arnulf S. Manhold, Vorstandsvorsitzender, European Finance Forum e. V., und Senior Business Advisor, Itechx GmbH
Meine Herren, zurzeit gibt es in Deutschland eine sehr heterogene Landschaft von 52 Depotbanken. Das Depotbankrundschreiben definiert nun eindeutig die verstärkten Kontrollaufgaben der Depotbank. Wo sehen Sie die wesentlichen Herausforderungen für die Anpassung der Geschäftsprozesse an die, wenn man so will, „neuen“ Regularien?
Ley: Einige Vorschriften sind sicherlich neu, andererseits wurden mit dem Depotbankrundschreiben vielfach bestehende Regularien nun an einer Stelle zusammengefasst. Die notwendige Überprüfung zeigt den Gesellschaften nun auf, dass die ein oder andere Vorschrift auch aus der Vergangenheit noch nicht vollumfänglich umgesetzt wurde und nun nachgearbeitet werden muss. Offensichtlich lässt man sich auch Zeit mit der Abarbeitung der identifizierten Lücken, da ja noch bis zum 30. Juni 2011 Frist hierfür ist. Ich sehe hier die Gefahr, dass dies am Ende zu knapp wird. Die größte Herausforderung wird sicherlich die Frage sein, ob zur vollumfänglichen Erfüllung der Kontrollaufgaben ein eigenes Buchhaltungssystem notwendig ist beziehungsweise ob und wie ich gegebenenfalls Tätigkeiten im Rahmen des Möglichen auslagere.
Sepp: Ich denke auch, dass das Thema Depotbank in den letzten Jahren an vielen Stellen etwas in den Hintergrund geraten war. Viele Dinge sind nicht so professionell umgesetzt worden, wie es vielleicht notwendig gewesen wäre. Das rächt sich jetzt insbesondere bei kleineren Häusern, die die Umsetzung von Regularien nicht adäquat angegangen sind.
Die Erfüllung von Regularien gehört nun zwingend zur Basis des Geschäfts. Gleichzeitig fand in Deutschland in
den letzten Jahren ein harter Preiskampf im Depotbankbereich statt. Die Margen werden immer schmaler, und
das macht es in Summe relativ schwierig. Deshalb ist diese Situation entstanden, dass der Umstellungsbedarf für viele Häuser doch größer ist, als man von außen denkt.
Scharfenorth: Man ist heute wesentlich stärker für diese Themen sensibilisiert. In Bezug auf mittlere und kleinere Depotbanken gebe ich den Vorrednern recht. Die Regularien für die Depotbanken wurden konkretisiert, und die Häuser sind nun aufgefordert, dies auf eine andere Art und Weise darzustellen und auch umzusetzen, als sie es bisher getan haben. Ende der 80er Jahre gab es im deutschen Depotbankenmarkt etwa 70 Anbieter, heute sind es 52. Einhergehend mit dem Erfolg der Global Custodians wurde vielfach von einem Sterben der Depotbanken gesprochen. Das hat jedoch so nicht stattgefunden.
Wird das Depotbankrundschreiben nun einen massiveren Einfluss auf die Anbieterlandschaft haben?
Meyers: Das Depotbankrundschreiben hat sicherlich dazu geführt, dass Depotbanken ihr jeweiliges Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen und sich über ihre Aufstellung Gedanken machen. Von daher gibt es eine gewisse Bewegung. Andererseits glaube ich nicht, dass nun ein großes Depotbankensterben einsetzen wird. Es gibt Nischenanbieter, die in ganz bestimmten Bereichen ihre Daseinsberechtigung haben. Klar ist aber auch, dass sich mittelgroße Häuser, die zum Beispiel in eine Konzernstruktur eingebunden sind, festlegen müssen, was sie eigentlich sind: Geschäftsmodell, Produkt oder nur ein „Shared Service“. Da passiert glaube ich schon einiges, auch wenn das Geschäft per se eine gewisse Kundenbindung herbeiführt und die Nebenerträge für einige Häuser anscheinend noch sehr attraktiv sind. Solange diese nicht massiv zusammenbrechen, ist das Geschäft in der Gesamtkonstellation für solche Häuser auch weiterhin sinnvoll. Ich glaube, die Diskussion kommt langsam in Fahrt, obwohl die Kunden derzeit noch viel genauer schauen, wen man für welchen Service beauftragt. Wenn Investoren Dinge wie FX-Geschäft, Execution oder Derivate-Clearing tatsächlich separat vergeben, dann wird der Druck auf die mittelgroßen Anbieter noch höher.
Herr Mangang, wie sehen Sie das aus Ihrer Perspektive eines großen Investors?
Mangang: Für den Investor ist ausschlaggebend, dass der Preis für die Depotbank nicht zu hoch ist. Viele sind sich noch nicht ganz darüber bewusst, welche Services tatsächlich ausgelagert und geteilt werden können,
Stichwort zum Beispiel FX-Trading. Wenn ein Investor sich genau anschaut, was er an Kosten durch seine Depotbank hat, und diese aufschlüsselt, ist er durchaus in der Lage, viel Geld zu sparen. Dahinter steckt natürlich viel Arbeit, und man muss das auch verstehen und nachvollziehen können. Das haben wir bei der VBL gemacht. Wir haben dadurch unsererseits viel zusätzliche Marge, sprich risikolose Performance generiert. Aber ich denke, dass sich nur wenige Investoren ernsthaft darüber Gedanken machen und in dieser Richtung etwas tun.
Hat denn die Depotbank durch das Depotbankrundschreiben und die Verstärkung der Kontrollpflicht gegenüber der Master-KAG an Bedeutung gewonnen?
Sepp: Definitiv. Das stärkt die Rolle der Depotbank, weil sie jetzt eindeutig in der Kontrollfunktion bestätigt wurde, und zwar durchaus auch mit einem erweiterten Spektrum, nimmt man zum Beispiel die tägliche Anlagegrenzprüfung.
Herr Scharfenorth, im Depotbankrundschreiben sind von der Bafin verschiedene Modelle skizziert. Insbesondere das Modell 1 impliziert eine gute Zusammenarbeit zwischen Depotbank und KAG. Wie sehen derartige Modelle aus, und wer trägt die dadurch erhöhten Kosten?
Scharfenorth: Wir als agierende Depotbank wie auch als agierende Master-KAG arbeiten aktuell mit vielen KAGen und Depotbanken zusammen. Da ändert sich für uns nicht viel. Der Austausch an Informationen, der mittlerweile überwiegend automatisiert generiert wird, findet statt. Es gibt sicherlich zusätzliche Themen, die wir behandeln und in der gegenseitigen Kommunikation regeln müssen, die auch Kosten generieren.
Aber Herr Scharfenorth, wenn eine KAG der Depotbank Daten zur Verfügung stellt und diese dann stichprobenartig überprüft werden müssen, verursacht dies doch Kosten. Falls Sie keine eigene Schattenbuchhaltung führen, müssen KAGen die gelieferten Daten ja bei Ihnen nachprüfen.
Scharfenorth: Wir können Reports immer vom Grundsatz her zur Verfügung stellen. Das ist ein klassisches Mittel, um eben nicht dahin zu kommen, dass KAGen zu unserer Depotbank kommen, um neben der klassischen Depotprüfung und den Prüfungen, die wir ohnehin intern haben, Prüfungshandlungen vorzunehmen. Ich denke, da sind wir schon ein Stück weiter. Natürlich generiert die Individualität Kosten. Das akzeptiert der Kunde dann auch, weil das nachvollziehbar und transparent ist.